26 Juni 2012

Alekna schockt deutsche Sportjournalisten

"Ich bin bereit - die EM und Olympia können kommen!"
so scheint es "Altmeister" Virgilius Alekna allen
Konkurrenten sagen zu wollen (Abb. "sportas.lt")
Virgilius Alekna ist ein in Deutschland gut bekannter Name. Olympiasieger im Jahr 2000 in Sidney (2004 ebenfalls, da der eigentliche Sieger wg. Dopings überführt wurde), Weltmeister 2003 und 2005. Inzwischen ist Alekna 40 Jahre alt und einigen noch durch vielfache Duelle mit Lars Riedel bekannt. Vielleicht haben einige gedacht, seine Erfolge seien schon ein bischen zu lange her. Morgen beginnen im finnischen Helsinki die Leichtatlethik-Europameisterschaften (allerdings ohne Alekna). Und gestern meldete der deutsche Sportinformationsdienst (sid) ein Ergebnis eines Diskus-Wettkampfes aus dem litauischen Klaipeda: Alekna warf 70,28m, und damit nur wenige Zentimeter weniger als der deutsche Europameisterschafts-Favorit Robert Harting, und 9cm weiter als bei seinem letzten großen Erfolg bei den Europameisterschaften 2005 - in Helsinki!

Schon vor einigen Tagen hatte "leichtathletik.de" gemeldet: "Alekna mit 40 in der Form für Gold". Vielleicht freuen sich einige also wieder auf die bekannten "deutsch-litauisch-estnischen" Wettkämpfe in dieser Sportart (Gerd Kanter aus Estland ist ein weiterer Favorit). Nun sind es aber schon so viele "Balten" dass die deutschen Medien leicht durcheinander geraten. Der Zweitplatzierte von Klaipeda, Alexander Tammert, wurde vom Sid nach "ebenfalls Litauen" einsortiert. Auffällig dabei die Gleichzeitigkeit: der vom sid stammende Text wurde online am gleichen Tag von "Welt", "Zeit", "Focus" "Sport1" und mehreren Nachrichtendiensten identisch verwendet. Einzig die estnische Heimatpresse ("Õhtuleht") meldet es korrekt, und der Betroffene selbst erzählt auch noch von starkem Wind, der die Werfer in Klaipeda begünstigt habe und für etwa 2-3 zusätzliche Meter pro Wurf gesorgt habe. Hmm, war also vor Ort kein deutscher Journalist dabei?
Besonders "schlau" berichtet die "Rheinische Post": der vorgegebene Text vom "ebenfalls Litauer" Tammert wird leicht umformuliert und liest sich dann so:
"Der zweimalige Olympiasieger Virgilijus Alekna setzte sich im litauischen Klaipeda an die zweite Stelle (70,28) und dürfte trotz seiner 40 Jahre der größte Konkurrent des Berliners bei den Olympischen Spielen in London werden. Dort wird auch Aleknas Landsmann Alexander Tammert nach seinem Wurf auf 69,28 Meter dabei sein."
Begehrte Objekte in dieser Woche in Helsinki:die
Veranstalter wünschen sich vor allem gutes Wetter,
die Teilnehmer natürlich Medaillen
Glückwunsch! Noch mehr Wind im litauischen Stadion? Hier wird nun nicht nur "Aleknas Landsmann" falsch zugeordnet, sondern auch noch die Herkunft der verdrehten Infos kenntlich gemacht. Der Ursprungssatz des sid hieß nämlich so: "Der bereits 40-Jährige übertraf damit den Masters-Weltrekord, den seit 1980 der viermalige Olympiasieger Al Oerter (USA) mit 69,28 m hielt." 

Also: Nur keine Angst, Robert Harting. Weniger Zeitung lesen, mehr trainieren! Beim Diskus-Endkampf in Helsinki (Samstag abend ab 19.10 Uhr, finnische Zeit) wird es vielleicht auf wenige Zentimeter ankommen, bei der Berichterstattung darüber manchmal auf wenige Buchstaben.

Webseite der Leichtathletik-Europameisterschaften Helsinki 2012

20 Juni 2012

Der liebe Herr Paleckis

Interessante Nachrichten gibt es aus Litauen. Da kämpft angeblich ein Mensch namens Algirdas Paleckis um die freie Meinungsäußerung und legt sich deshalb mutig mit mehreren Gerichten an. Der Ex-Sozialdemokrat Ex-Parlamentarier und Ex-Vizebürgermeister von Vilnius spricht ein für Litauen immer noch heißes Eisen an: die Vorgänge im Januar 1991 vor dem Fernsehturm von Vilnius, als sowjetische Sondereinheiten mit Panzern dort auffuhren, um die Unabhängigkeitsbewegung zu stoppen. Mehrere Menschen kamen damals ums Leben. Paleckis Behauptung: damals schoss nicht das anrückende Militär in die Menge, sondern litauische Provokateure.

spielt die sowjetische Karte, gibt sich als Sozialist
und Russen-Versteher: Algirdas Paleckis
(Abb.: Ru-news)
Offene Wunden
Gerade was die historischen Ereignisse von 1991 angeht, reagiert Litauen sehr sensibel. Das mussten auch Grenzbehörden in Österreich im vergangenen Jahr lernen, die einen von litauischer Seite gesuchten Ex-KGB-Mann wieder freiließen, der damals im Januar 91 die "Gruppe Alpha" ("schwarze Barette") befehligte (siehe "europäische Nachhilfestunden"). Man kann also nicht gerade von einer hohen Aufklärungsbereitschaft auf Seiten russischer Behörden reden - dort wurde bisher alles versucht, konkrete Details der damaligen Vorgänge eher im Dunkeln zu lassen, einschließlich der interessanten Frage, in wieweit der damalige Regierungschef Gorbatschow über Pläne und Vorgänge informiert war. Die heutige Berichterstattung der staatlich gelenkten russischen Medien versucht sich in herablassendem Ton: während Litauen sich selbst als "zeitweise besetztes Land" sieht, definieren es die russischen Organe gern als "ex-Sowjetstaat" und lassen die genauen Umstände, wie es dazu kommen konnte, dass Litauen nicht mehr zum Moskau-dominierten System gehören möchte, gerne außen vor. Noch diese Woche zitierte "RIA NOVOSTI" genüßlich den litauischen Regierungschef Andrius Kubilius, den Begriff "sowjetische Besatzung" in Anführungszeiten setzend - und mit dem Hinweis darauf, dass "stalinistischen Repressalien" alle "Völker der damaligen Sowjetunion" tangiert hätten. Die Litauer sollen sich mal nicht so anstellen! Ist das eine mögliche Einstellung von Russen gegenüber ihren Nachbarn? Oder ist es nur Teil des üblichen Dominanzgehabes eines selbstherrlichen Machtapparats?

Smart, wohlerzogen, sprachgewandt
Nun also Herr Paleckis. Wohlerzogen, wenn man so sagen darf: sein Vater Diplomat und Mitglied des Europaparlaments, sein Großvater von Sowjetbehörden installierter Ministerpräsident, scheint dies eine Familie der Antagonisten zu sein. Immerhin saß auch Algirdas Paleckis zweieinhalb Jahre für die litauischen Sozialdemokraten im Parlament, bevor er seine eigene Partei "Sozialistische Volksfront" („Socialistinis liaudies frontas“ ) gründete. Im Internet ist ein Video verfügbar, in dem er seine Einstellung erklärt (link youtube). Schon die bloße Wiedergabe dieser Thesen ist aufschlußreich:
- 1991 habe Gorbatschow unberechtigterweise Panzer nach Vilnius geschickt, bei den folgenden Unruhen rund um den Fernsehturm in Vilnius habe es Tote gegeben. Aber nie sei es bewiesen worden, wie diese Menschen zu Tode gekommen seien. Die "litauische Propaganda" habe aber behauptet, dies sei durch die sowjetischen Sondereinheiten verursacht worden, und DAHER sei der Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunigt worden. DADURCH sei auch "Russland zum Feind erklärt wurden", und dieselbe Begründung ("Folgen der Sowjetzeit") nutze die litauische Regierung bis heute, um die Wirtschaftskrise zu begründen. Diesen Thesen folgend, wäre am Ende wohlmöglich gar kein Makel mehr zu finden am Sowjetsystem, sondern allein bei Gorbatschow.
- Paleckis zitiert eigene Aussagen aus dem Jahr 2010, wo er behauptet habe, im Januar 1991 seien es litauische Provokateure gewesen, die "von den Dächern aus geschossen hätten" ("auf Befehl von Landsbergis"). Dafür habe er "eine Menge Zeugen"  (welche das genau sind, sagt er aber nicht). Die Kugeln in den Körpern der Getöteten stammten von Jagdflinten, so seine Behauptung. Diese Aussagen seien Auslöser für einen Gerichtsprozeß gegen ihn gewesen.

Neue Mythenbildung?
Nun widersprechen seine Aussagen allen vorliegenden Untersuchungsergebnissen zu den Ereignissen von 1991. Paleckis selbst hat keine Zeugen für seine Behauptungen, sondern zitiert nur andere Publikationen, die ihrerseits ebenso grundlos sich nur auf Vermutungen und Verdächtigungen stützen. Auffällig ist auch die behauptetete Ausschließlichkeit: vielleicht kommt es Liebhabern von Verschwörungstheorien ja entgegen, wenn man nicht für wahrscheinlich erklärt dass es auch andere Todesschützen gegeben haben könnte - nein, gleich ALLE müssen dann von Litauern erschossen worden sein. Möglichst dick auftragen.
So what? Es wäre ja schön, wenn die Gründe für die gegenwärtige Wirtschaftskrise (zum Beispiel) so einfach zu finden wären (und dann mit Wiedererrichtung Sowjet-Litauens abzustellen? Na, die Litauer werden sich bedanken!). Paleckis hofft offenbar - wenn man seinen selbst aufgezeichneten Erklärungen glauben kann - dass gleich die ganze "litauische Ideologie des gegenwärtigen nationalistischen und xenophobischen Regimes" zusammenbricht, sollte es gelingen öffentlich zum Ablauf der Ereignisse 1991 Zweifel zu säen. Gleichzeitig gibt sich Paleckis aber auch gewissermaßen als "russischer Seelenversteher", wenn er zur Eröffnung eines Prozeßes gegen Gorbatschow aufruft (dem viele Altstalinisten und Sowjetromantiker ja anlasten, er habe die Sowjetunion zu Grunde gerichtet).

Und Paleckis baut offensichtlich auch auf eine gewisse Unkenntnis des Westens, Osteuropa betreffend. Wer interessiert sich schon explizit für Litauen? Zielgruppe zu klein, könnte man sagen. Wer weiß schon, in welchem der drei baltischen Staaten die Russen eigentlich zahlenmäßig stark vertreten sind und teilweise keine reguläre Staatsangehörigkeit besitzen? Irgend wo da in der Nähe war das doch? Und marschieren da nicht immer wieder Ex-SS-Angehörige auf? Die Lieblingsschlagzeile aller, die sich sonst eher wenig für diese Staaten interessieren. Und bin ich schon Faschist, Russenhasser oder gar Antisemit, wenn ich die Argumentation Paleckis als ziemlich merkwürdig anzweifle? Immerhin haben bereits verschiedene Anti-Faschismus-Seiten im Internet für Paleckis (z.b. "World without Nazism /  "our friend") Partei ergriffen. Immerhin auch der für seine berechtigt kritischen Thesen zur fehlenden Aufarbeitung des Holocaust in Litauen bekannte Dovid Katz und seine Webseite "Defending History", dessen Engagement ich für bewundernswert halte. Die Liste der Palecki-Unterstützer ist also bunt. 
Und sogar im Sinne aktueller europäischer Diskussionen läßt sich das Thema offenbar wunderbar einspannen. So veröffentlichte die Kommunistische Partei Griechenlands ein "Gratulationsschreiben" an Herrn P. als vermeintlichem "Kämpfer gegen Verbrechen des Kommunismus". Paleckis habe die "zeitlose Notwendigkeit des Sozialismus/Kommunismus" nachgewiesen. Es wächst die Zahl der Ehrenmedaillen an Paleckis Brust. Aus griechisch-kommunistischer Sicht ist dann der Einsatz gegen "angebliche sowjetische Verbrechen" auch gleichzeitig eine "fundamentale ideologische Aufgabe bei der Verteidigung der Interessen der Arbeiterklasse".

Skuriller Zündstoff für alte Frontlinien
Da fragt man sich langsam: wo bleibt das Glückwunschschreiben von Margot Honecker? Anti-Gorbatschow Putschist Alfred Rubiks aus dem baltischen Nachbarland Lettland wird sich ja wohl längst hier eingereiht haben. Der Blog "Sovjetrussianow" jubelt bereits: "Paleckis, der neue Dreyfus in Europa". Immerhin greift das "Neue Deutschland" den Fall schon mal auf, und spöttelt süffisant über "Menschenrechtler im Westen", die "schweigend beobachten" würden, wie hier "ein Dissident für sieben Worte bestraft" wird (ist das "neue Deutschland" also "Osten"?). Bestraft? Ach ja, das Urteil. Ob die 3000 Euro Geldstrafe nun das letzte Wort in dieser Sache sein werden, wird man sehen. Gerichtsgegenstand war jedenfalls nie das erneute Aufrollen der Untersuchungen der Toten am Fernsehturm - sondern der Versuch, die gegen die Republik Litauen gerichtete sowjetische Agression (Litauen hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits von der Sowjetunion losgesagt) herunterspielen oder bestreiten zu wollen.

Verknüpft mit dem Gerichtsurteil im Fall Paleckis werden vielfach Beschwerden über ungehindertes Auftreten von Nationalisten und Neo-Nazis in Litauen. Gegen Anti-Semitismus und Rassenhass bleibt in Litauen zweifellos genug zu tun. Aber ob der nette Herr Paleckis da der richtige Anwalt ist, um auch der breiteren Öffentlichkeit hier ein kritischeres Bewußtsein zu vermitteln, muss angesichts seiner merkwürdigen Kapriolen zweifelhaft bleiben.Der Unterschied mag vielleicht darin liegen, dass einige einfach auf Umsturz hoffen, andere auf eine Stabilisierung des Rechtssystems und der Demokratie.


Andere Berichte zu den Ereignissen im Januar 91
Volker Schmidt bei N-Ost / Reinhard Wolff in der TAZ / Knut Mellenthin /

01 Juni 2012

Halbvoll oder halbleer? Mit Atom keinen Euro?

In froher Erwartung sind auch die Numismatiker:
schön soll er werden, der litauische Euro ...
Einige Beiträge in deutschsprachigen Medien dieser Woche stellen unter anderem die Frage, ob Litauen denn noch die Einführung des Euro beabsichtige. Wer ständig die Nachrichten über staatlich gestützte Banken in verschiedenen Euro-Ländern, weiterhin rücksichtslosen Börsenspekulanten und nicht rückzahlbaren Krediten liest, dem mögen Gedanken an weitere Euro-Länder vielleicht wie eine geradezu anachronistische Überlegung vorkommen. Die Situation ist auch nicht so eindeutig, wie es vielleicht scheint: zum einen ist ein eher kleines Land wie Litauen vielen nicht so wichtig wie manche Diplomaten es behaupten mögen. So bleibt ein Für und Wider eines Beitritts zum Euro einerseits ganz der innenpolitischen Diskussion Litauens und andererseits eben den Wirtschaftsexperten überlassen, vor allem denjenigen, die eifrig immer wieder in den Medien zitiert werden. Und andererseits denken die anderen Länder - so auch Deutschland - erstmal immer nur an sich. Könnte die Einführung des Euro FÜR UNS etwas Negatives bedeuten?

Reif oder unreif?
Auch der Blick in die Wirtschaftsnachrichten macht nicht immer schlauer. "Neue Euro-Kandidaten noch nicht reif für Beitritt" schreibt zum Beispiel der FOCUS, ohne allerdings im einzelnen zu erwähnen was bei Litauen angeblich falsch laufe. Das wird die "Märkische Allgemeine" schon genauer: "Litauen und Lettland müssen Inflation senken". Andere sehen in in der Krise eher eine Chance. So schreibt die WELT: "Krise um Griechenland kann Litauen den Weg zum Euro erleichtern." Wie soll das funktionieren? Zitiert wird die litauische Finanzministerin Ingrida Simonyte, die hoffe auf fallende Rohstoffpreise und damit zurückgehende Inflation. "Je schwächer der Ölpreis, desto leichter tut sich ein Land wie unseres beim Eintritt in den Euro" soll sie dem Finanzdienstleister "Bloomberg" gesagt haben. Beim Blick in den aktuellen Konvergenzbericht der EZB wird klar: die gegenwärtige Inflationsate (4,2% im Mittel der letzten 12 Monate) wird nach Prognosen der EZB zwar sinken, die Rohstoffpreise aber steigen. Besonders das Wachstum der Arbeitsproduktivität wird noch in Zweifel gestellt. Die öffentliche Schuldenquote liegt aber nur bei 38,5% gegenüber dem Referenzwert 60% - aber es werden Zweifel am litauischen Rechtsystem geäußert.
Nachdem die Euro-Einführung für Litauen im Jahr 2006 nur an wenigen Statistik-Zehntelpunkten scheierte, schauen litauische Minister offenbar jetzt mit besonderer Akribie auf die Zahlen. Noch 5,5% des Bruttoinlandprodukts betrage das Staatsdefizit, die Messlatte der EU läge bei 3%. Hoffentlich können solche Zahlenspiele diejenigen nachvollziehen, den die Löhne drastisch gekürzt, oder die bereits im Ausland arbeiten.

Jedenfalls gibt es offenbar - unter Bezug auf genau dieselben Zahlen der Europäischen Zentralbank EZB - auch optimistischere Interpretationen. "Litauen sieht sich als Modell für Eurozone" stellt die "Financial Times Deutschland" fest Ein interessanter Satz steht hier in Bezug auf Litauen: "Hinzu kommt dem Bericht zufolge, dass die litauische Zentralbank nicht die Unabhängigkeit genießt, die für die EZB zu den Beitrittsbedingungen gehört." Einzelheiten siehe EZB-Bericht. Aber vor allem Ministerpräsident Andrius Kubilius bemüht sich offenbar um Stimmungsaufhellung, im Gegensatz zu Äußerungen zu Äußerungen von Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite Anfang des Jahres, die eine Euro-Einführung für 2014 als "unrealistisch" bezeichnet hatte (siehe Wirtschaftsblatt, Bild). "Litauen verschiebt die Euro-Einführung" hatte die Schweizer Tagesschau damals gemeldet.

Litauen - ein Modell für Europa?
Kubilius nutzt dagegen in dieser Woche die FAZ um seine Haltung ausführlich darzustellen. "Die Menschen in Litauen erinnern sich noch an die Sowjetzeiten, daher erscheinen ihnen die Sparmaßnahmen die wir treffen mussten als gar nicht so radikal" - so die These des Regierungschefs. Na, dann sind die Zehntausende auf Arbeitssuche in Irland oder anderen angeblichen Arbeitsparadiesen ja wohl aus purer Lebensfreude ausgewandert! Der Satz "Wir haben die Sowjetunion überstanden, da werden wir diese Krise auch überstehen" ist allerdings nicht zum ersten Mal zu hören. Nur: welche Konsequenzen die Menschen in Litauen daraus ziehen, und wie sie die Lage beurteilen - das wird sich ggf. doch stark von dem unterscheiden was Banken sich wünschen. So auch die Lesereaktion in der FAZ: "Litauen ist ein Paradebeispiel für ein geprügelte Bevölkerung ohne Aussichten" schreibt da jemand, und erntet promt als Antwort die Gegenthese: "reisen sie doch mal nach litauen, sie werden wahrscheinlich in kaum einem anderen europaeischen land so viele zufriedene oder gar glueckliche menschen finden...".

Gut, die Reisesaison steht sowieso bevor. Besichtigen wir noch mal den Ort, wo heute mehrere Blöcke veralteter Atomkraftwerke bereit stehen zum Abbau. Oder vielleicht werden diese Fragen auch noch mal als Alternative im Raum stehen: entweder sich hoch neu verschulden durch teuren Ausbau der Atomkraft, oder Euro einführen. Mal sehen wie das ausgeht.

Eine litauische Sicht dazu; siehe VEIDAS