08 Januar 2007

Europäische Kulturerziehung - auf Litauisch

Vilnius unternimmt derzeit vieles, um die eigenen Einwohner an den Status einer europäischen Kulturhauptstadt zu erinnern. Schließlich möchten sich die Litauer weltoffen und kulturfreundlich geben, und dazu wird wohl auch Akzeptanz für die sehr verschiedenen Arten kultureller Tätigkeiten benötigt. Kultur war und ist längst Alltag im Leben von Litauern - aber nun wird sie auch Teil von Werbekampagnen, Plakatserien, und bald wohl auch Konsumoffensiven.

Vorerst stellt sich Vilnius den Besuchern noch als Stadt mit vielen Brüchen und Verwerfungen dar. Das wird besonders deutlich in Šnipiškės, dem Stadtteil der alten privaten Holzwohnhäuser, und dem Baugrund für hochfliegende Geschäftsideen. Hier trifft noch mancher Lebensentwurf direkt aufeinander.

Nur wenige Schritte von den Hauseingängen der Menschen entfernt, die hier noch wohnen (und wohnen bleiben wollen?), hat im neuen Gebäude der Stadtverwaltung Vilnius die Stadtplanungsbehörde einer Kindergruppe Platz gelassen für eine Zukunftsvision. Allerdings: Das hier aufgestellte Modell wirkt eher so, als ob die zuständigen Betreuer die Gebäude vorgegeben haben, und ein paar ausgesuchte Kinder durften dann das Ganze ein wenig bunt anmalen. Gewagte Fantasien sind hier nicht zu finden - weder ein McDonalds, der die Stadt beherrscht (manche Kulturkritiker mögen diese Vision ja haben), noch Stadtviertel in traditioneller litauischer Volkssymbolik (eine nationalistische Vision?).

Vielleicht waren die Städtväter (oder -mütter) ja auch nicht wirklich davon überzeugt, dass Vilnius einfach so ins gesamteuropäische Bildungsideal passt. Wer ein Stück Klaviermusik hört, und anschließend entscheidet: "das kann nur Čiurlionis sein," oder wer einen Vytis aus dem Gedächtnis malen kann (na, liebe Europäer, was ist das?) - der muss sich noch nicht automatisch als Kultur- hochburg-geeignet qualifiziert haben.
Also, was tun?

Eine Aufklärungs- Kampagne muss her!
So wird also langsam aber sicher zunächst einmal das Stichwort "Kulturhauptstadt 2009" ins Stadtbild eingebracht. Zunächst einmal da, wo die staatlichen Institutionen uneingeschränkten Zugriff haben: bei den öffentlichen Einrichtungen. Nun fahren also alle neueren Busse mit einem entsprechenden Logo durch die Stadt, und am Straßenrand machen Plakatserien auf sich aufmerksam, die durchaus dopptelten Lerncharakter haben. Weltweit bekannte Kulturgrößen in litauischer Schreibweise: Bitte hängen lassen bis 2009, liebes Organisationskommittee!




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