03 August 2010

"Lietuviškos knygos" vor dem Aus?


Als "Books from Lithuania" - Bücher aus Litauen - oder mit der litauischen Bezeichnung "Lietuviškos knygos" warb Litauen für die Literatur, die Schriftsteller und für Übersetzungen in viele Sprachen. Damit soll nun, einer Pressemeldung der Einrichtung zufolge, Schluß sein. Von 1998 bis 2010 bestand unter diesem Label ein nichtkommerzieller Verein mit mehreren Angestellten, die für Interessierte und Projektpartner in vielen Partnerländern zur Verfügung standen. Auch deutsche Verlage, die sich für ein Nischenprodukt einer litauischen Literaturübersetzung entschieden, hatten in "Books from Lithuania" einen kompetenten und verlässlichen Gesprächspartner zu Verfügung. Highlight aus deutscher Sicht war sicher der Litauen-Schwerpunkt der Buchmesse Frankfurt 2002 - ohne "Books from Lithuania wäre er kaum denkbar gewesen. Ohnehin fragte man sich, ob ein so kleines Land wie Litauen einen eigenen Schwerpunkt auf der Welt grösster Buchmesse zu bilden wert ist - nachdem überall sonst in Deutschland ein sonderbares "Baltikum" angeboten wird, ein Gemisch aus drei verschiedenen Ländern, Kulturen und Sprachen, das mit der Wirklichkeit vor Ort wenig zu tun hat. 
"Books from Lithuania" bewies, das etwas möglich ist. Nicht nur auf Messen und Ausstellungen (außer 2002 in Frankfurt auch mit Litauen-Schwerpunkt 2005 in Göteborg und 2007 in Turin), sondern auch durch tatkräftige Unterstützung bei Einzelveranstaltungen, Lesungen, und in Ergänzung der Arbeit der Kulturattachés in den Botschaften Litauens. 
Diese Arbeit wird nun wohl eingestellt. "Die finanzielle Krise bewog das Kulturministerium Litauens unsere Einrichtung zu schließen", heisst es in der Pressemitteilung. Viele der bisherigen Ansprechpartner gerade in Deutschland werden das sicherlich bedauern. Zwar soll eine Übersetzungsförderung und die PR für litauische Literatur international natürlich nicht eingestellt werden, aber es ist doch sehr zu bezweifeln, ob die ministerial mit mehr Wohlwollen ausgestatteten Menschen von "e-koperator" die bisherigen Kontakte - gerade im nicht-englischsprachigen Bereich - genauso gut werden pflegen können. Zu dem ist für Deutschland zu befürchten, dass vieles an Unterstützung für litauische Kulturveranstaltungen in Deutschland noch etwas mehr zusammenbrechen wird, wenn die gegenwärtige in der Berliner Botschaft arbeitenden sehr engagierte Ansprechpartnerin Rasa Balcikonyte einmal in Richtung anderer Aufgaben Deutschland verlassen wird. 
Da scheint das "E" vor dem Namen doch eher Programm zu sein: Kontakte werden rein virtueller Natur sein. Ich vermute, Newsletter in Englisch wird es geben, und Ausschreibungstexte für Wettbewerbe, wo dann vielleicht zwei oder drei von den vielen Antragstellern eine Förderung finden werden (nach dem Motto: auch ein blindes Huhn...). Ein wenig fühle ich mich auch erinnert an das Kulturhauptstadtjahr 2009, dass mit einem (teuren) Feuerwerk in Vilnius und hochfliegenden Plänen begann, und dann mit der Entlassung von Kulturverantwortlichen und drastischen Einsparungen bis knapp über die Handlungsunfähigkeit beschnitten wurde. 
Da passt es nur ins Bild, dass das litauische Außenministerium jetzt die Rolle der "Deutschen aus Litauen" wieder stärker herausstellt. Wo Kulturkontakte, kompetente Kulturaktivisten und Fördergelder weggespart werden, da sollen offenbar "geborene Vermittler" (zunehmenden Alters, wie bei allen entsprechenden Vereinen, die eher auf geschichtlicher Vergangenheit und verblichener kultureller Bedeutung aufbauen) noch einmal zu Ehren kommen. "Menschliche Brücken" seien sie, so drückte es der stellvertretende Außenminister Šarūnas Adomavičius aus bei seinem Besuch bei einer Versammlung der “Landsmannschaft der Deutschen aus Litauen e. V., die sich in Vilnius traf. Nichts gegen diese Vereinigung - die eigentlich aus Deutschen besteht die heute in Deutschland leben. Aber eine Raute ist eine Raute, und sollte nicht zum Feigenblatt werden.

Bezüglich der aktiven Unterstützung die originäre litauische Kultur bleibt momentan nur, noch einmal ausdrücklich DANKE und Ačiū zu sagen für die bisherige Arbeit der engagierten Menschen bei "Lietuviškos knygos". Den an litauischer Literatur interessierten Initiativen in Deutschland wird vielleicht erneut die Rolle zufallen müssen, mehr einzufordern, wenn die Politiker beider Länder mal wieder sich nur auf erfüllten Einsparvorgaben auszuruhen gedenken.

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